Wahlstation in Mumbai (Bombay)
Zuweisungszeitraum: 03.01. - 20.04.2005
Verfasserin: Julia Höf
Stand: Mai 2005
I. Reisevorbereitungen
Ein Visum ist für alle Indienreisenden erforderlich. Persönlich würde ich ein einfach ein Touristenvisum beantragen, das ab Ausstellungsdatum 6 Monate gültig ist. Informationen und das Antragsformular gibt es unter: http://www.indischebotschaft.de/. Man kann aber auch ein Visum als Praktikant beantragen, dann braucht man eine schriftliche Bestätigung der Ausbildungsstelle. Das habe ich so gemacht mit der Folge, dass ich ein Visum für die Dauer der Station bekommen habe, allerdings auch gültig ab Ausstellungsdatum und da ich dieses Visum natürlich nicht am Tag der Abreise, sondern vorher beantragen musste, musste ich mich in Indien um eine Verlängerung (für 2 Tage!) bemühen. Das ist extrem mühsam, allerdings lernt man dabei indische Behörden kennen, was auch eine interessante Erfahrung ist und danach weiß man die Zuverlässigkeit deutscher Behörden sehr zu schätzen.
Mit einer EC- oder Kreditkarte kann man an einem der zahlreichen Geldautomaten in ganz Indien problemlos Geld abheben. Es empfiehlt sich aufgrund der Gebühren, möglichst den Höchstbetrag abzuheben, der von Bank zu Bank unterschiedlich ist. Gute Erfahrungen habe ich mit CitiBank gemacht, dort kann man auf einen Schlag so viel Geld abheben, dass man davon wochenlang gut leben kann. Unter Umständen lohnt es sich auch, bei der CitiBank noch in Deutschland ein Konto zu eröffnen. Abhebungen sind dann kostenlos und CitiBank-Bankautomaten sind zahlreich. 1 Euro sind ungefähr 58 Rupien (Stand März 2005).
Eine gute Wohnmöglichkeit ist ein Zimmer als "paying guest". Das bedeutet, man wohnt bei einer indischen Familie, die in ihrer Wohnung ein Zimmer zu vermieten hat. Auf Anfrage beim deutschen Konsulat in Bomaby bekam ich eine Liste mit "paying guest"-Unterkünften. Allerdings würde ich empfehlen, für die erste Woche ein günstiges Hotel zu buchen und sich vor Ort ein Zimmer zu suchen. Das hat den Vorteil, dass man sieht, wie das Zimmer aussieht und wie es ausgestattet ist (eigenes Bad mit Dusche, Waschmöglichkeiten, eigener Schlüssel usw.) und vor allen Dinge wo es in Bomaby ist. Es dauert ziemlich lange, von einem Ende der Stadt zum anderen zu kommen. Es gibt unzählige Makler, die sich auf "paying guest" spezialisiert haben, Telefonnummern bekommt man aus Tageszeitungen. Man sollte für ein sauberes Zimmer mit eigenem Bad allerdings nicht mehr als ca. 10.000,- Rs. (170,00 Euro) bezahlen, man bekommt aber auch vernünftige Zimmer für ungefähr die Hälfte.
Ein gutes Wohnviertel ist Bandra (West), im Norden der Stadt. Dort wohnen beispielsweise auch sämtliche AIESEC-Praktikanten, die immer viel in der Gegend unternehmen (Kontakt über Sunil, Handy.: 9820301993). Ein Bandra-ansässiger Makler, den ich weiterempfehlen kann, ist Norbert Rodricks, Handy: 9819188283.
An Impfungen sollte man zumindest Diphtherie, Tetanus und Polio haben. Empfehlenswert ist auch Hepatitis und Typhus. Ich habe mich nach einer Beratung beim Tropeninstitut noch gegen Tollwut impfen lassen, es gibt extrem viele streunende Hunde und Katzen in diesem Land und Tollwut ist 100% tödlich. Malaria-Prophylaxe ist von der WHO nördlich der Madras-Goa Linie empfohlen, also auch in Mumbai. Ansonsten war ich sehr froh über einige von Deutschland mitgebrachte Medikamente: Aspirin, Paracetamol, Immodium Akut, Insektenabwehrmittel und ähnliches. Aber in den Apotheken bekommt man rezeptfrei jedes Medikament für einen Bruchteil des deutschen Preises.
Lebensmittel und Drogerieartikel bekommt man eigentlich ohne Probleme. Besonders die Auswahl an frischem Obst und Gemüse ist hervorragend und Verkaufsstände gibt es fast an jeder Ecke. Große Supermärkte, wie wir sie kennen, haben sich in Indien noch nicht etabliert. Aber es gibt eine Unmenge an kleineren Einzelhändlern, die auch eine große Auswahl haben. Auf das ein oder andere Produkt, das man aus der Heimat gewöhnt ist, muss man vielleicht verzichten, aber dafür biete die indische Küche eine wahrhaft ungeahnte Vielfalt.
Auch der Kontakt zu Familie und Freunden in der Heimat ist problemlos möglich: Internetcafés sind vorhanden (auch wenn der Strom manchmal ausfällt) und ein deutsches Handy funktioniert mit einer indischen Pre-Paid Sim-Karte ganz wunderbar. Der größte Anbieter in Bombay ist Orange und mobiles Telefonieren ist innerhalb Indiens sehr günstig. Außerdem gibt es zahlreiche öffentliche Telefone.
An Reiseführern über Indien gibt es natürlich die übliche Auswahl. Doch man wird kaum einen Besucher treffen, der nicht den Lonely Planet bei sich führt. Das Kapitel über Bombay lässt einiges zu wünschen übrig, aber für Wochenendausflüge und eventuelle Reisen ist das Buch durchaus empfehlenswert. Einen Stadtführer nur über Bombay gibt es nicht. Dafür erscheint monatlich die Zeitschrift ‚Time Out Mumbai', in der aktuelle Termine, Veranstaltungen, Kinofilme etc. enthalten sind.
Einen vernünftigen Stadtplan habe ich in Deutschland nicht bekommen und wusste deswegen auch bis zu meiner Ankunft in Bombay nicht so genau, wo das Büro überhaupt ist, in dem ich arbeiten sollte. Nicht verzweifeln, in Bombay gibt es in Buchläden die ‚Eicher City Map', mehr ein Buch als ein Stadtplan, aber extrem hilfreich!
II. Anreise
Natürlich mit dem Flugzeug. Die internationalen Flüge von Europa kommen in Bombay alle mitten in der Nacht an. Deswegen ist es sehr empfehlenswert, zumindest für die erste Nacht ein Hotelzimmer reserviert zu haben. Sobald man aus dem Flughafengebäude herauskommt, sind sehr viele Taxifahrer sehr bemüht einen natürlich zum günstigsten Preis in das Hotel der Wahl zu fahren, von dem sie natürlich auch behaupten, genau zu wissen, wo es ist. Was ich anfangs nicht wusste ist, dass es einen Pre-Paid Taxi-Stand gibt. Dort geht man hin, sagt wo man hin will und zahlt einen festen Preis, bekommt einen Beleg und geht damit zum Taxifahrer. Ein Nachtzuschlag ist normal.
III. Arbeit bei Majlis
Majlis ist ein Rechtsberatungs- und Kulturzentrum. Im Rechtsberatungszentrum arbeiten 6 Anwältinnen und eine Handvoll Mitarbeiterinnen. Hauptsächlich werden Mandantinnen im Bereich Familienrecht betreut (Scheidung, Unterhalt, Sorgerecht usw.), Workshops und Fortbildungsveranstaltungen organisiert und Public Interest Litigation durchgeführt. Außerdem wird des öfteren an Publikationen gearbeitet. Die Themen drehen sich immer um Frauenrechte, Minderheitenrechte und Familienrecht.
Das Majlis-Team war sehr zuvorkommend, hat mich sehr freundlich aufgenommen und war zudem auch noch sehr hilfsbereit. Die meistgesprochenste Sprache ist Englisch (allerdings musste ich mich zunächst etwas an den Dialekt gewöhnen), oft wird aber auch Hindi oder Marati gesprochen. Ein Einblick in die Arbeitsweise dieses doch durch und durch indischen Büros war für mich wirklich spannend. Zudem hatte ich auf oft die Gelegenheit mit zu Gerichtsterminen zu gehen, was ebenfalls ein Erlebnis ist. Das Familienrecht in Indien basiert fast vollständig auf der jeweiligen Religionszugehörigkeit und in dem Bereich Frauenrechte gibt es dort auch noch einiges zu tun. Da das Rechtssystem doch sehr fremd ist, ist eine qualifizierte Mitarbeit natürlich schwierig. Das führt dazu, dass man auch ab und an weniger spannende Dinge zu tun bekommt. Zeitweise waren noch andere indische Jurastudentinnen zu einem Praktikum dort, so dass die Arbeit noch weiter aufgeteilt werden musste. Die Fälle gingen allen Mitarbeiterinnen teilweise sehr nahe, was zeitweise auch sehr frustrierend sein kann. Häusliche Gewalt und psychische Torturen scheinen in Indien doch weiter verbreitet als in Deutschland. Zudem wird in einem Scheidungsverfahren dort die gesamte dreckige Wäsche bis ins kleinste Detail durchgewaschen, was hier ja nach Aufgabe des Verschuldensprinzips glücklicherweise in den Hintergrund getreten ist.
Die Arbeitszeiten waren auch eher ungewöhnlich. Vormittags waren die meisten der Anwältinnen immer bei Gericht, so dass es im Büro sehr ruhig war. Im Laufe des frühen Nachmittags trudelten sie nach und nach ein, dann wurde erst einmal ausgiebig Mittagspause gemacht und gegessen und dann fing man langsam an zu arbeiten und gegen Spätnachmittag wurde es sehr lebhaft, da dann auch die Mandantinnen zu Besprechungsterminen kamen. Die Praktikantinnen durften gegen 18:00 Uhr gehen, wenn nichts Dringendes zu tun war. Allerdings wird jeden zweiten Samstag gearbeitet und auch sonst sind an den Wochenenden öfters Workshops, so dass man doch viel Zeit im Büro verbringt.
IV. Freizeitgestaltung
Bombay ist für die meisten Indientouristen nur ein kurzer Zwischenstop. Tatsächlich gibt es nicht allzu viele touristische Highlights, was aber der Faszination dieser Stadt keinen Abbruch tut. Es gibt unglaublich viel zu entdecken, unzählbar viele Restaurants mit fantastischem indischen Essen zu unvorstellbar niedrigen Preisen und auch das Nachtleben ist nicht zu verachten, vom Bollywood-Kino bis zur Edel-Disco. Zudem war es auch im "Winter" herrlich sommerlich warm und geregnet hat es in den drei Monaten genau ein Mal. Bombay ist eine relativ sichere Stadt, so dass man sich ohne größere Bedenken frei bewegen kann.
Nicht zu unterschätzen ist allerdings auch, dass das Leben in Bombay doch sehr anstrengend sein kann. Es ist immer voll und laut, die Stadt ist sehr dreckig, es gibt viele arme Menschen und alles was man sich vornimmt, dauert länger als man denkt und kostet mehr Nerven und Kraft als man es gewöhnt ist. Aber es lohnt sich dennoch!
Den ein oder anderen Wochenendausflug kann man auch von Bombay aus unternehmen, obwohl die Stadt strategisch gesehen nicht allzu günstig liegt, um den Rest des Landes zu erkunden. Aber auch in Indien gibt es mittlerweile sehr gute Billig-Fluglinien (Jet Air, Air Deccan), so dass man auch mal in weiter entfernte Städte kommt. Ich kann nur empfehlen, sich zumindest noch zwei Wochen Zeit zu nehmen, um wenigstens einen kleinen Teil dieses faszinierenden Landes kennen zu lernen.
Es war alles in allem eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte, auch wenn es bestimmt bequemere Stationen gibt. Solltet Ihr weitere Fragen haben, stehe ich jederzeit gerne unter This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it. zur Verfügung.